Wohin gehen wir?/Kam gremo?

Hier und dort

Hier Sonne/dort Bomben

Hier Frieden/dort Tränen

Hier Freude!/dort Graus!

Wohin gehen wir?

Das ist gar nicht so schlecht für einen Mann wie den Kärntner Verleger Lojze Wieser, der schon den Literaturnobelpreisträger Peter Handke unter Vertrag hatte. Er brachte diese Zeilen am Morgen des 24. Februar zu Papier, nachdem er im Radio gehört hatte, dass russische Panzer über die ukrainische Grenze rollten. Der wahre Zauber dieser Zeilen liegt aber wohl darin, dass er noch folgende Zeilen hinzufügte:

Tu in tam

Tu sonce/ta Bombe

Tu mir/tam jok

Tu botočnost?/tam kroza!

Kam gremo?

Wieser, eine Kärntner „Minderheitenslowene“, wie man hierzulande sagt, veröffentlichte das kleine Gedicht auf facebook. Und von da aus ging es rund um den Globus. Nach einer Woche gab es Übersetzungen in 118 Sprachen.

Was wir daraus lernen?

Erstens: Soziale Medien haben auch ihre guten Seiten. Zweitens: Es gibt eine weltweite Sehnsucht nach Frieden und Wohlbefinden – einen gemeinsamen Nenner! Drittens: Bombe heißt wohl in allen Sprachen – Bombe. Auch die Angst dürfte verbindend sein.

Was also tun, in Zeiten der Angst, Unsicherheit und der Sehnsucht nach Frieden? Eine Reihe von Philosophen aller Zeiten und Länder bringen es auf einen gemeinsamen Nenner: Es gilt, die Schönheit und das Gute im Augenblick zu leben. Das Erwachen der Natur im Frühling ebenso wahrzunehmen wie den freundlichen Blick eines Unbekannten auf der Straße. Da helfen, wo es im Moment gerade nötig ist. Genießen, was sich in dieser Stunde bietet. Weinen, wenn man traurig ist.

In den Wäldern drüben,

tief unter der Last des Schnees

ist letzte Nacht

ein Pflaumenzweig erblüht.

Quelle: Peter Gnaiger, Salzburger Nachrichten vom 12. März 2022

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